Vom Zeichenbrett zur Arbeitslosigkeit

„Gegen Ende des 20. Jahrhunderts kamen Berufe hinzu, die viele Aufgaben des klassischen Architekten übernahmen. Baumanagement und Facilitymanagement übernahmen die Koordination der Bauausführung, große Unternehmen boten komplette Planungs- und Ausführungspakete an, so dass sich traditionelle Aufgabenfelder der Architekten verlagerten. In manchen Bereichen ist auch in Deutschland ein Rückzug der Architekten auf den Aspekt des Entwerfens zu beobachten, wie dies in den USA zum Beispiel schon weit verbreitet ist.“ (Wikipedia 2019, o.S.)

Schon jetzt kann man sich fertige Häuser im Internet bestellen und liefern lassen. Bedeutet dies das Ende für Architekt*innen? Oder nur eine Veränderung in der Berufsdefinition?

Folgende Frage scheint sich aufzudrängen: In welche Richtung entwickelt sich der Beruf des*r Architekt*in?

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Punkt 1: Die böse Technologie

Im Großen und Ganzen sitzen Architekt*innen den ganzen Tag am Computer, zeichnen, entwerfen, planen, detaillieren und skizzieren sogar schon digital. Die Entwicklung neuer Technologien beschleunigt die Arbeit immer mehr und das klassische Planzeichen rückt in den Hintergrund. Immer wieder muss ich feststellen, dass neumodischen Programme intelligenter sind als ich.  Nur was soll man tun? Sich gegen die Entwicklung wehren?  Parametrische Entwurfsprogramme wie beispielsweise EVA ablehnen? Man wird wahrscheinlich schnell daran scheitern, den Fortschritt zu blockieren. Eben genanntes Programm EVA entwickelt beispielsweise in wenigen Schritten einen Grundriss, stellt Raumzusammenhänge grafisch und lesbar dar und erleichtert im Prinzip die Tätigkeiten, die Zeit kosten und den Entwurf peripher verbessern. Das mühsame Eintippen der einzelnen Räume sorgt am Ende nicht für den perfekten Entwurf, es stielt im Gegenteil eher die Zeit, sich auf die wichtigeren Dinge zu konzentrieren.

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Punkt 2: Die Suche nach Inspiration

Beim Vergleich meiner letzten Arbeiten fiel mir auf, wie ähnlich sich die Entwürfe und Grafiken sind. Vor allem im Wettbewerbsentwurf entscheidet man sich oft für die eine Idee, die schon funktioniert. Viele Büros entwickeln über Jahre eine eigene Architektursprache, diese wird oft nur umformuliert. Ganz objektiv betrachtet ist es auch ein Ding der Unmöglichkeit in ein und demselben Architekturbüro unter Druck der Deadlines wirklich neue Architektur zu erfinden. Oder?

Also was tun?

Bei einem erneuten Blick auf die Geschichte wird der Beruf des*r Architekt*innen als traditionell generalistisch bezeichnet: Die Baumeister*innen vergangener Zeiten erstellten den Entwurf und die Statik und beaufsichtigten den Bauablauf.  Je nach Epoche kamen sie aus ganz unterschiedlichen Schichten und Berufszweigen, im römischen Reich waren es oft Militäringenieur*innen (wie beispeilsweise Vitruv), im Frühmittelalter Kleriker*innen, im Spätmittelalter Handwerker*innen und in der Renaissance Künstler*innen, Bildhauer*innen oder Wissenschaftler*innen.

Der Beruf des*r Architekt*in setzt sich aus verschiedenen Berufsgruppen zusammen und im Prinzip sollte man als Architekt*in vom Handwerk über die Kunst bis zur Soziologie alles studieren, um meisterhaft in seinem*ihrem Gebiet zu sein. Dies ist aufgrund der Durchschnittsstudienzeit von ca. 20 Semestern allein für das Architekturstudium wohl nicht möglich. Das Studium zum*r Baumeister*in sollte adaptiert werden. Das interdisziplinäre Arbeiten ist aus unserer Berufsgruppe eigentlich nicht wegzudenken, um neue Ideen zu entwickeln.

Warum sitzen aber dann in einem klassischen Architekturbüro nur Architekt*innen?

Ich werde mich in den nächsten Monaten auf die Suche nach neuen Innovationsprozessen, insbesondere in Bezug auf Interdisziplinarität im Architekturentwurf, begeben. Um der bösen Technik einen Schritt voraus zu sein und vielleicht die ein oder andere neue Inspiration zu finden.

…Fortsetzung folgt…