Sechzehn Jahre nach Auslobung des EU-weiten Generalplanerwettbewerbes erfolgte nun im April 2021 die Fertigstellung des aus 5 Bauteilen bestehenden Scienceparks der Johannes Kepler Universität Linz.
Mit einer Fläche von rund 80.000 Quadratmetern zählt der Sciencepark hierzulande zu den größten universitären Bauten dieses Jahrhunderts. Unterschiedliche Nutzungen, allen voran die jungen technischen und digitalen Studiengänge und sich daraus entwickelnde Spinn-offs, aber auch wirtschaftswissenschaftliche Einrichtungen, sind im Sciencepark angesiedelt.
Städtebau
Der als Bauteil 5 bezeichnete jüngste Bau ist der Kopfbau der städtebaulichen Komposition und bildet gemeinsam mit dem auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen ehemalig Starhembergerschen Schoß Auhof (jetzt Rektorat) gewissermaßen ein Tor zur Stadt Linz. Mit der JKU endet hier die städtische Bebauung des flachen Linzer Beckens, die grünen Hügel des Mühlviertels schließen an und auch die Topographie der Neubauten des Scienceparks nutzen diesen Übergang in ihrer räumlichen Entwicklung. Die Ausrichtung der fingerartigen Bauteile lässt die für die Stadt so wichtigen Fallwinde durchströmen und gleichzeitig unterschiedliche Freibereiche dazwischen entstehen.
Topographie und Anbindung an den Bestandscampus
Sämtliche Teilgebäude wurden so konzipiert, dass sie, im Grundriss wie im Schnitt, durch Höhenversprünge und Knicke auf Nachbarn und Umgebung im höchsten Maße eingehen. Dadurch entging man zum einen einer starren Gebäudestruktur und zum anderen gelang es dadurch, die immensen Baumassen weniger massiv in Erscheinung treten zu lassen (die einzelnen Baukörper weisen eine Länge von bis zu 140 Meter auf). Auch werden die hohen Sonderhallen für Forschung und die zweigeschoßigen Eingangsbereiche durch die Anordnung großer Teile der Baumassen im Hang durch die grünen Ausläufer der Hügel verdeckt und erhielten durch Absenkung des Terrains eine ebenerdige Anbindung zum bestehenden Uni Areal. Die dadurch geschaffene „ebenerdige Unterführung“ unter der stark befahrenen Altenbergerstraße, welche eher als Autobrücke denn als Fußgängerunterführung in Erscheinung tritt, war auch Teil der beauftragten Bauaufgaben und wurde bereits gemeinsam mit Bauteil 1 realisiert.
Die fünf Bauteile
Der erste Bauabschnitt, die im Oktober 2009 eröffnete Mechatronik, ließ bereits erkennen, wie die Landschaft zwischen, über und durch das Bauwerk hindurchfließt, mit seinen schwebenden Bürotrakten, sich in das Areal verzahnt und letztendlich mit dem Gebäude zu einem neu interpretierten Campus verschmelzt.
Die großzügigen verglasten Innenatrien verbinden die Geschosse miteinander, lassen Licht bis in die unteren Ebenen fallen und verlangen somit gleichsam nach einem neuen Science-Arbeitsklima der Kommunikation.
Wegen der immensen Spannweite und der daraus resultierenden Durchbiegungen war das Tragwerk von Bauteil 1 als Brückenkonstruktion konzipiert. Zwei massive Kerne tragen ein Stahl-Hängewerk von annähernd 160 m Länge. Diesem statischen System ordnet sich auch die Gestaltung der Fassade unter. Nicht zufällig sind die Parapete angeordnet, sondern genau an den Punkten der größten Durchbiegung in ihrer stärksten Dimension platziert. Dadurch entsteht eine diversifizierende Wirkung nach außen und mehr Individualität im Inneren. Ein Spiel, das durch Lamellen verschiedener Tiefen und Abstände verstärkt wird.
Die übrigen Bauteile, allesamt entlang der Magistrale, der Hauptverbindung zwischen der Stammuniversität und den neuen Bauten angeordnet, sind deutlicher „geerdet“; lediglich im Bereich ebendieser Magistrale zeigen die Bauteile 2 und 3 großzügige Durchgänge, in deren Bereich die Haupteingänge zu den jeweiligen Bauteilen angeordnet sind. Zwischen Bauteil 2 und 3, also im Zentrum der neuen Anlage, befindet sich das Cafe mit Verweilplätzen im Inneren und im Hofbereich.
Der östlichste Bauteil, also der von der Stammuniversität am weitesten entfernte Bauteil 4, wurde knapp vor Bauteil 5 begonnen und zeitgleich fertiggestellt. Der Haupteingang von Bauteil 4 liegt am Ende der teilüberdachten Magistrale; diese mündet in die Eingangshalle.
Neben klassischen Institutsräumlichkeiten, einer Forschungshalle im Erdgeschoß, einem Seminartrakt, dessen Vortragssaal durch einige akustische Tricks auch als Proberaum des unieigenen Blasorchesters nutzbar ist, verfügt Bauteil 4 auch über multifunktional nutzbare Großraumbereiche.
Im Bauteil 5, U-förmig um einen als Aufenthaltsbereich ausgebildeten Innenhof angeordnet, finden sich neben einem Seminar- und Hörsaaltrakt die Limak – Austrian Business School und Institutsräumlichkeiten auch einige Verwaltungseinheiten der JKU.
Materialität, Ökonomie und Ökologie
Der industriell-technische Charakter des Scienceparks ist dem Wunsch geschuldet, sämtliche Materialien pur in Erscheinung treten zu lassen. Das Weglassen von abgehängten Decken, das sichtbar Lassen der Konstruktionselemente dienen nicht nur in hohem Maß dem minimalen Verbrauch öffentlicher Mittel, sondern sind auch bewusst eingesetzte gestalterische Aussagen, sie dienen auch der Bauteilkonditionierung. Das Naturaluminium der hinterlüfteten Fassaden garantiert wenig Wärmeeintrag; ebenso wie die fixen, außenliegenden Sonnenschutzlamellen, die vor sommerlicher Überhitzung schützen.
Unverkleidete Stahlbetondecken und Wände sind mit Bauteilaktivierung ausgestattet, die einfachste und ökologisch vertretbarste Heizung und Kühlung von Gebäuden. Die Energie wird in maximal möglichem Ausmaß aus dem Grundwasser gewonnen. Die Nutzung von Fernwärme und eine zentrale Kälteerzeugung für den gesamten Sciencepark ergänzen den Bedarf. Sämtliche Dächer, auch geneigte, sind begrünt ausgeführt; teilweise in Kombination mit Photovoltaikanlagen.